"I Never Promised You a Rose Garden"


Gärten sind schön.

Gärtnereien eigentlich auch.

Für die Kundinnen und Kunden ist es auf jeden Fall eine schöne Sache, sich in einer Gärtnerei umzuschauen, fachzusimpeln und einzukaufen. Für die Gärter eigentlich auch, obwohl es sie sind, die die Arbeit mit den Blumen (und den Kunden) haben. Aber sonst wären sie ja nicht Gärtner geworden.

Für die Nachbarn ist es manchmal nicht ganz so schön, neben einer Gärtnerei zu wohnen. Viele Lieferanten, Gärtner, Gartenfreunde und -freundinnen fahren mit dem Auto zur Gärtnerei ihres Vertrauens, und wenn diese Gärtnerei in einem Wohngebiet liegt, kann das zu Verstimmungen in dem Wohngebiet führen.

Die Gärtnerei Haucap liegt mitten in unserer Siedlung. Sie hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich vergrößert und plant aktuell einen weiteren, großen Schritt:

Jetziger Standort, ursprünglich geplante Erweiterung der Gärtnerei Haucap und geplanter neuer Standort des "Gartenfachmarktes"  (Quelle BRouter.de)
Jetziger Standort, ursprünglich geplante Erweiterung der Gärtnerei Haucap und geplanter neuer Standort des "Gartenfachmarktes" (Quelle BRouter.de)

Wolfgang Haucap, Gärtnermeister und Inhaber der Gärtnerei plant, sein Geschäft in einen "Gartenfachmarkt" umzuwandeln und zu vergrößern. Außerdem möchte er seinen Standort in Natbergen "Auf der Heide" an die Kreisstraße K321, "Lüstringer Straße " verlagern.

Aus unserer Sicht - die Sicht der Nachbarn - hat die Planung Vor- und Nachteile, die sorgsam abgewogen werden sollten.

Vorteilhaft wäre es, wenn Kunden- und Betriebsverkehre nicht mehr durch die Siedlung geführt werden müssten.

Nachteilig wäre, wenn Flächen versiegelt und bebaut und noch mehr Verkehr angezogen würde.

Auf der Informationsveranstaltung der Gemeinde Bissendorf am 9.9.2019 erläuterte Wolfgang Haucap seine Pläne: Um seinen Kunden und Mitarbeitern bessere Arbeits- und Einkaufsmöglichkeiten bieten zu können, möchte er seinen Betrieb erweitern. Er habe bereits eine Erweiterung westlich des jetzigen Standortes geplant, wo er sich schon eine Betriebsleiterwohnung gebaut habe. Die Betriebserweiterung sei vom Landkreis genehmigt worden und er könne sofort damit beginnen.

Da ihm aber klar sei, dass ein solcher Betrieb in einer Siedlung nicht optimal untergebracht sei, wäre er bereit, den Betrieb an die Lüstringer Straße zu verlagern, wo er eine ca. 10 ha. große Ackerfläche gekauft habe. Er habe sich an die Gemeinde Bissendorf gewandt, die seine Anfrage prüfen würde.

Bebauungs- und Flächennutzungsplanentwurf für einen "Gartenfachmarkt in Natbergen"
Bebauungs- und Flächennutzungsplanentwurf für einen "Gartenfachmarkt in Natbergen"

 

Diese Prüfung mündete in einen Bebauungsplanentwurf, über den nicht alle Natberger glücklich sind.

 

Wir wollen einige Knackpunkte vorstellen.

 

 

Größter Kritikpunkt ist der schwer zu lösende Widerspruch, schöne Sachen für einen schönen Garten kaufen zu wollen, aber damit gleichzeitig schöne Landschaft zu zerstören.

Gerade für Gartenfreunde wäre es eine ausgesprochen ärgerliche Sache, wenn ausgerechnet ihr Hobby für weiteren Flächenfraß verantwortlich sein würde.

Das ist ein sehr großes Problem. Würde man die Kundinnen und Kunden einer Gärtnerei fragen, ob sie Flächenversiegelungen und großflächige Bebauungen fördern wollten, wäre die Antwort vermutlich deutlich dagegen. Mit dem geplanten Gartencenter wäre das aber der Fall. Hinzu kommt, dass die überplante Fläche in einem Gebiet liegt, dass einige Prominenz durch die Storchenpopulation erlangt hat, die sich dort angesiedelt hat und ihre Jungen großzieht (s. a. Fotobuch von Iris Osterbrink-Strakerjahn).

Das für den Bruterfolg notwendige Nahrungsangebot scheint ausreichend vorhanden zu sein, was aus Artenschutzsicht als Indikator für relativ intakte Wiesen- und Äckerstrukturen zu bewerten ist. Das Insekten- und das damit verknüpfte Amphibien- und Reptiliensterben scheint hier noch nicht ganz so fortgeschritten zu sein, wie in anderen Bereichen.

Störche, Schafstelze in Natbergen
Jungstörche in Natbergen 2017. Interessant auch die kleine gelbe Schafstelze unten rechts (Foto Iris Osterbrink-Strakerjahn)

Weiterer Punkt: Kollision mit der geplanten "Wohngebietsverdichtung"

Falls die Gärtnerei den jetzigen Standort verlässt, was passiert dann mit den freiwerdenden Flächen? Werden die dann zu Bauland?

Über diese Frage wird in der Siedlung heftig diskutiert. Viele finden es befremdlich, dass ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem die Gärtnerei ihren Standort verlagern möchte, die Gemeindeverwaltung einen neuen Bebauungsplan auch über die dann freiwerdenden Flächen legen will. Als Bauland würden die Flächen eine erhebliche Wertsteigerung erfahren. Die Mitgliedschaft des Inhabers Wolfgang Haucap im Rat lässt das als Insiderjob erscheinen. Selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, ist der Vorgang doch hochproblematisch.

Die Betriebsleiterwohnung (das "Natberger Kanzleramt")

Entgegen seines bescheidenen Auftritts bei der Bürgerinformationsveranstaltung am 9. September 2019 ist die Betriebsleiterwohnung, die sich Wolfgang Haucap auf bislang grüner Wiese gebaut hat, ein starkes architektonisches Statement, das im Volksmund gerne "Natberger Kanzleramt" genannt wird.

Voraussetzung für die Baugenehmigung einer Betriebsleiterwohnung im Außenbereich, also außerhalb eines Bebauungsplans, ist der direkte räumliche Zusammenhang mit dem Betrieb. Wenn der Betrieb wie geplant erweitert werden würde, wäre das der Fall. Würde der Betrieb an die Lüstringer Straße verlagert, wäre das nicht der Fall. Die Baugenehmigung gilt aber weiter, auch will niemand, dass Wolfgang Haucap sein schönes Haus wieder abreißen soll. Aber einen komischer Eindruck hinterlässt das doch.

unser Lösungsvorschlag

Wir können sehr gut verstehen, dass die Gärtnerei expandieren möchte und wollen uns dem nicht entgegen stellen.

Wir sehen aber mit großer Sorge, dass immer mehr Freiflächen in Natbergen verloren gehen. Dickster Batzen ist sicherlich das Natberger Feld, auch weil darum so heftig gestritten wurde. Aber auch wenn sie weitaus konfliktfreier bebaut wurden, die Gewerbegebiete "Beetkamp" und „Stockumer Mark West“ sind auch keine Freiflächen mehr. Der architektonische Gegenentwurf zum "Kanzleramt", der Garagenpark gegenüber der Backfabrik Brinkhege ebenfalls.

Und nun soll noch eine weitere Fläche versiegelt werden.

Als Hauptargument für die Ausweisung des Natberger Felds als Gewerbefläche war vorgetragen worden, dass in Bissendorf zu wenig potenzielle Gewerbeflächen für erweiterungswillige einheimsche Betriebe vorhanden seien und die Gemeinde daher solche Flächen zur Verfügung stellen müsse.

Nun steht ein solcher erweiterungswilliger Betrieb vor der Tür. Da erscheint es uns nur logisch, diesen Betrieb im Natberger Feld anzusiedeln. Da die Fläche bereits als Gewerbefläche ausgewiesen ist, würde Bissendorfs Flächenbilanz nicht durch eine weitere Gewerbefläche noch zusätzlich belastet.

Zwei Probleme tauchen dabei auf.

  • Im Natberger Feld wurde Einzelhandel ausgeschlossen
  • Die Flächen sind relativ teuer

Das Einzelhandel-Problem ist keins. Der Rat kann den Bebauungsplan jederzeit ändern, wenn er wollte.

Das Finanzierungs-Problem wäre ebenfalls lösbar. Die jetzt geplante Erweiterungsfläche des B-Plans Nr. 162 ist als jetzige landwirtschaftliche Fläche erheblich preiswerter als eine Gewerbefläche. Der Unterschied entsteht durch die Gemeinde Bissendorf, indem sie diese Fläche als möglichen Standort für einen Gartenfachmarkt aufwertet.

Wenn die Gemeinde Bissendorf ihre damalige Begründung zur Ausweisung des Natberger Felds tatsächlich ernst gemeint hat, dann sollte sie sich auch daran halten und die Ansiedlung der Gärtnerei als Chance sehen. Ein Entgegenkommen von beiden Seiten könnte den Konflikt aus dem Weg räumen.

Die weitere Entwicklung können Sie / könnt Ihr im Blog verfolgen. Dort gibt es u. a. einen ausführlichen Bericht über die Bürgerinformationsveranstaltung am 31. Mai 2021 und über unsere Bemühungen, die Kungelei im Rat von der Kommunalaufsicht prüfen zu lassen.